Heute überquerten wir ein weiteres Mal die Grenze zwischen Chile & Argentinien – wiederum in zwei Schritten (erst auf der Chilenischen, dann auf der Argentinischen Seite), doch diesmal hätte man auch gar nicht aus Versehen einfach durchfahren können, da eine Kette den Weg versperrte & erst herunter gelassen wurde als wir alle notwendigen Stempel auf dem Laufzettel nachweisen konnten. Von Puerto Natales fuhren wir in‘s argentinische El Calafate,
um von dort aus den südlichen Teil des Parque Nacional Los Glaciares, der direkt an den chilenischen Nationalpark Torres del Paine grenzt, zu besuchen.
Die sehr schöne, heute fast ausschließlich von Touristen aus aller Welt lebende Stadt El Calafate liegt zwar noch 80 km vom Park entfernt, stellt aber den perfekten Ausgangspunkt für einen Besuch des bekannten Glaciar Perito Moreno dar, der zu den größten Touristenattraktionen Argentiniens zählt.
Der Glaciar Perito Moreno ist einer der dynamischsten & zugänglichsten Gletscher der Welt! Er befindet sich im Gegensatz zu den meisten Gletschern der Region in einem quasistationären Zustand, d.h. seine Masse blieb während der letzten Jahrhunderte bis heute konstant!
Er ist 30 Kilometer lang, 5 Kilometer breit, zwischen 40 & 70 Meter mächtig & rückt pro Tag etwa 2 Meter vor.
Kontinuierlich kalbt er haushohe Eisberge, was wir 3 oder 4 Mal in der Zeit, in der wir dort waren, auch miterleben konnten 🙂
Wirklich spannend das (nur) Sekunden andauernde Spektakel zu sehen & zugleich die besonderen Geräusche wahrnehmen zu können!
Der zum UNESCO-Weltnaturerbe gehörende Nationalpark Los Glaciares ist der größte Nationalpark Argentiniens. Er schützt 726.927 Hektar Land der südlichen Anden, einige große Gletscher, Patagonischen Wald & Steppe. Die Hälfte seiner Landoberfläche ist mit Eis bedeckt & die meisten Gletscher des Nationalparks gehören zum Südpatagonischen Eisfeld Campo de Hielo Patagónico Sur. (Weitere Gletscher entstanden durch Akkumulation von Schnee auf Berggipfeln.)
Der Campo de Hielo Sur ist das drittgrößte Eisfeld auf der Erde (nach der Antarktis & Grönland). Seine Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 350 Kilometer, er ist durchschnittlich 35 Kilometer breit, besteht aus 48 Hauptgletschern, über 100 kleineren Gletschern & bildet eine Fläche von ca. 13.000 km²!
Der Campo de Hielo Sur hat, wie alle Gletscher weltweit, große Bedeutung für das Leben auf der Erde, denn einerseits regulieren Gletscher das Klima, da sie 45-85% des Sonnenlichts reflektieren & somit die Erde kühl halten.
Und andererseits stellen sie ein wichtiges Süßwasserreservoir dar, denn nur 3% des gesamten Wassers auf der Erde ist Süßwasser & 77% davon liegt in Eis gebunden vor! In Südamerika ist der Campo de Hielo Patagónico Sur das größte Süßwasserreservoir.
Neben dem sehr beeindruckenden Erlebnis einen so großen & wunderschönen Gletscher aus nächster Nähe erleben zu können,
gab es an diesem Tag noch ein weiteres beeindruckendes Erlebnis: Wir hatten eine Reifenpanne! Und das an dem wohl schönsten & bestmöglichen Ort für eine Reifenpanne in Südamerika …
… Auf unserem Parkplatz mit Blick auf den Glaciar Perito Moreno hatte der linke hintere Reifen seinen Geist komplett aufgegeben & war, als wir zum Parkplatz zurückkehrten, so platt, dass wir damit unmöglich noch hätten fahren können. Darauf machte uns eine Nationalparkrangerin auch gleich aufmerksam. Und ein älterer Mann aus der Umgebung, der mit seiner Familie einen Ausflug zum Gletscher gemacht hatte, bot uns sogleich (auf Englisch) Hilfe & seinen Kompressor zum Aufpumpen des Reifens an.
Während wir nach Werkzeug & dem Reserverad zum Reifenwechsel im Kofferraum schauten kamen weitere Mitarbeiter des Nationalparks hinzu & zwei von ihnen machten sich sofort an die Arbeit, hoben den Wagen mit dem Wagenheber an & nahmen uns förmlich das Reserverad direkt aus der Hand, um den Reifen ganz zügig & wie selbstverständlich selbst zu wechseln. Unglaublich! Zwischendurch sprachen wir ein wenig auf Englisch mit den inzwischen bestimmt sechs jüngeren argentinischen Mitarbeitern des Nationalparks.
Einer erzählte, dass er schon ein paar Großstädte Europas besucht hat & gern bald wieder dorthin reisen würde.
Und die anderen flachsten mit Blick auf das chilenische Nummernschild an unserem Auto, wir hätten doch lieber ein Auto in Argentinien anmieten sollen, dann wäre so etwas nicht passiert 😉
Der Mann, der mit seiner Familie unterwegs war, pumpte zur Sicherheit den platten Reifen auf & gab uns den Hinweis, dass wir in El Calafate zu einer Gomeria (= Werkstatt) fahren sollten, die hier rund um die Uhr geöffnet haben (!), & da wir kein Spanisch sprechen, schrieb er uns gleich noch einen Zettel, den wir einfach nur vorzuzeigen bräuchten, da dort unser Anliegen (Reifen flicken) auf Spanisch drauf stand.
Kaum zu glauben wie hilfsbereit, fröhlich, freundlich & selbstlos die Argentinier vor Ort uns geholfen – & im Grunde die ganze Arbeit allein gemacht haben!!!
Nachdem wir uns bedankt haben (eigentlich wussten wir gar nicht so richtig, wie wir ihnen danken konnten & Geld wollten sie keines annehmen – für sie war wohl der größte Dank, unsere Freude & Dankbarkeit einfach zu spüren), verabschiedeten wir uns winkend & hupend, und fuhren anschließend direkt zu der Gomeria, die tatsächlich abends nach 21 Uhr noch geöffnet hatte: Vier Männer saßen zusammen um einen Tisch & aßen gerade ihre Wurstbrote. Sie sprachen genauso wenig Englisch wie wir Spanisch, doch wir hatten ja den Zettel 🙂
Sogleich machte sich der jüngste der Arbeiter – in einer Hand die Stulle – an’s Werk & flickte zügig den Reifen. Wir konnten zuschauen, bekamen sogar Brot angeboten & waren froh, dass alles so gut geklappt hat!
Vor Aufregung haben wir zwar ganz vergessen, Photos zu machen, doch genauso wie auch einige andere Begegnungen mit Menschen auf unserer Reise werden uns auch die heutigen auf jeden Fall in Erinnerung bleiben! Eine tolle Erfahrung, die man nicht anders, als sie zu erleben, machen kann.
Wow wahnsinnig beeindruckend diese Gletscher, das übertrifft ja wirklich meine Erwartungen und erstaunlich das trotz Klima Wandel seine Masse konstant ist und am Ende noch diese Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Was für ein Tag.
🙂 Ja, uns ging es ganz genauso wie Du schreibst, Micha, es war toll!